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Die Self-Fulfilling Prophecy beim Angeln

Warum unser Vertrauen über den Fangerfolg entscheidet

Jeder Angler kennt es: Man steht am Wasser, öffnet die Köderbox und greift intuitiv nach dem Lieblingsköder. Sei es der Wobbler, mit dem man bereits etliche Hechte überlistet hat, oder der Gummifisch, der an einem guten Tag zuverlässig Bisse bringt. Doch was passiert, wenn die Fische nicht beißen?

Genau hier setzt ein interessantes psychologisches Phänomen ein: die Self-Fulfilling Prophecy – die selbsterfüllende Prophezeiung.

Was ist eine Self-Fulfilling Prophecy?

Der Begriff stammt aus der Sozialwissenschaft und beschreibt eine Vorhersage, die sich selbst bestätigt, weil unser Verhalten – bewusst oder unbewusst – dazu führt, dass sie wahr wird. Ein bekanntes Beispiel aus der Wirtschaft ist der sogenannte Bank-Run: Wenn Menschen befürchten, dass eine Bank bald pleitegeht, heben sie vermehrt Geld ab. Dadurch gerät die Bank tatsächlich in finanzielle Schwierigkeiten, was wiederum die ursprüngliche Befürchtung bestätigt.

Genauso verhält es sich oft beim Kunstköderangeln. Unsere Erwartungen beeinflussen, welche Köder wir einsetzen, wie lange wir sie fischen und mit welchem Vertrauen wir sie führen. Das wiederum kann darüber entscheiden, ob wir Erfolg haben oder nicht.

Wie die Self-Fulfilling Prophecy beim Kunstköderangeln wirkt

Wenn ich ans Wasser komme und voller Zuversicht den Köder wähle, von dem ich überzeugt bin, dann fische ich ihn konzentriert und methodisch aus. Ich präsentiere ihn optimal, variiere die Führung und investiere Zeit. Läuft es gut, bleibe ich bei diesem Köder oder greife zu Alternativen, mit denen ich ebenfalls bereits gute Erfahrungen gemacht habe.

Doch was geschieht an einem schwierigen Tag? Wenn nichts beißt, kommt die Selbstzweifel-Spirale ins Rollen. Ich fange an, meine üblichen Köder infrage zu stellen. Der altbewährte Wobbler funktioniert plötzlich nicht? Also probiere ich einen völlig neuen Gummifisch oder einen Wobbler den ich schon vor längerer Zeit gekauft aber noch nie verwendet habe, weil mir das Vertrauen in den Köder gefehlt hat.

Das Problem: Diese Köder fische ich oft nur halbherzig. Ich habe von Anfang an wenig Vertrauen in sie, probiere sie nur kurz aus und wechsle schnell zum nächsten Experiment. Dabei könnte es einfach ein schlechter Angeltag sein – aber weil ich nur an Tagen ohne Bisse auf diese „neuen“ Köder zurückgreife, verknüpfe ich sie automatisch mit Misserfolg.

Die Folge: Ich fische sie immer seltener und bin zunehmend überzeugt, dass sie nichts taugen. Doch in Wahrheit hatten sie nie eine faire Chance.

Wie man sich aus der Prophezeiung befreit

Das Phänomen lässt sich durchbrechen, indem man sich bewusst macht, wie sehr unsere Erwartungen unser Verhalten beeinflussen. Einige Tipps, um sich aus dieser Falle zu befreien:

Neutrales Testen: Neue oder weniger genutzte Köder sollten an guten Tagen zum Einsatz kommen, wenn die Fische beißfreudig sind. So kann man objektiv bewerten, wie sie sich im Wasser verhalten und ob sie tatsächlich funktionieren.

Mehr Vertrauen in neue Köder: Statt sofort den „Retter-Köder“ einzusetzen, lohnt es sich, auch in schwierigen Phasen einem neuen Köder bewusst eine Chance zu geben – mit der gleichen Konzentration und Führungsqualität wie den bewährten Modellen.

Bewusst gegensteuern: Wenn ein Köder an einem Tag nicht funktioniert, sollte man nicht sofort ein Urteil fällen. Selbst Top-Köder können an einem schlechten Tag wirkungslos sein. Wer Köder neutral und unabhängig vom Tageserfolg testet, erhält realistischere Erkenntnisse.

Die Self-Fulfilling Prophecy beeinflusst unser Verhalten nicht nur in der Wirtschaft oder im sozialen Miteinander, sondern auch beim Angeln. Indem wir unser Vertrauen gezielt auf bestimmte Köder lenken und andere nur halbherzig ausprobieren, erschaffen wir uns unsere eigenen Fangstatistiken. Die Herausforderung besteht darin, diese unbewusste Verzerrung zu erkennen und gezielt neue Ansätze zu testen. Denn wer sich nur auf Altbewährtes verlässt, könnte den nächsten großen Fang verpassen – nur weil er dem richtigen Köder nie eine echte Chance gegeben hat.

Also, beim nächsten Mal am Wasser: Einfach mal einen neuen Köder mit vollem Vertrauen fischen. Wer weiß, vielleicht wird er der nächste Favorit in der Köderbox?

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