Einfluss von Prädatoren auf die Bestände heimischer Fischarten

Die Gewässer Mitteleuropas sind nicht nur durch Umweltverschmutzung, Habitatverlust und Klimawandel belastet, sondern auch durch den Einfluss fischfressender Prädatoren. Zu diesen gehören Fischotter, Kormorane, Gänsesäger und Fischreiher. Während diese Tiere einen wichtigen Platz im Ökosystem einnehmen, führen sie insbesondere in sensiblen oder kommerziell genutzten Gewässern immer wieder zu Konflikten.
Die Lage für Fischotter und Co hat sich in den letzten Jahren durch Schutzmaßnahmen deutlich verbessert. Viele Angler haben dabei das Gefühl, dass der Naturschutz unter der Wasseroberfläche aufhört. Wasserkraftwerke, Regulierung von Fließgewässern, Umweltbelastung und Verschmutzung sowie der Verlust von natürlichen Habitaten und Laichplätzen hat für heimische Fischarten längst ein unerträgliches Maß angenommen. In diese, für heimische Fische ohnehin bedrohliche Situation, kommen durch Schutz- und Wiederansiedelungsprojekte Prädatoren zunehmend auf. Viele Angler sind gegenüber Fischotter, Kormoran und Co. viel positiver eingestellt, als dies in der öffentlichen Berichterstattung wahrgenommen wird. Der Tenor ist oftmals, dass die Wiederherstellung natürlicher Lebensräume für Fische an erster Stelle stehen sollte, um auch eine gesunde Reproduktion zu ermöglichen. Während viele Gewässer nur mehr vom Besatz der Angelvereine leben, stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit in diese aus der Balance geratenen Gemengelage die Ausbreitung von Prädatoren zu fördern.
Der folgende Artikel beleuchtet die Auswirkungen verschiedener Prädatoren auf die heimischen Fischbestände, vergleicht ihr Schadenspotenzial und diskutiert mögliche Lösungsansätze. Es soll auch ein Plädoyer für eine offene und ehrliche Diskussion der unterschiedlichen Interessensvertreter sein.
Fischotter: Der Jäger mit wachsendem Einfluss
Der Fischotter hat sich nach Jahrzehnten des Rückgangs wieder in vielen Regionen angesiedelt. Dank Schutzmaßnahmen und verbesserter Wasserqualität breiten sich die Populationen kontinuierlich aus. Der Fischotter ist ein Opportunist, der bevorzugt leicht zugängliche Fische wie Forellen, Äschen und andere mittelgroße Arten jagt. Besonders in sauerstoffreichen Flüssen und Bächen finden diese Beutetiere ideale Lebensräume, was sie gleichzeitig anfällig für Prädation macht.
Studien zeigen, dass Fischotter bis zu 30 % der Fischpopulation in kleineren Fließgewässern erbeuten können, was besonders für Arten mit ohnehin rückläufigen Beständen, wie Äschen, problematisch ist. Die Prädation betrifft nicht nur ausgewachsene Fische, sondern auch Jungfische, wodurch sich langfristig die Reproduktionsfähigkeit der Populationen verschlechtert. In Fischzuchten sind die Schäden oft massiv – betroffene Teichwirte sprechen in diesem Zusammenhang oft davon, dass der Otter aufgrund des Überangebotes an Nahrung in einen regelrechten „Blutrausch“ verfällt und viel mehr Fische tötet, als er fressen kann. Otter fressen aber nicht nur Fische, am Speiseplan stehen auch Jungvögel, Amphibien, Krebse und Mäuse.
Kormoran: Ein effektiver Räuber mit großem Appetit
Der Kormoran ist ein hervorragender Taucher und kann Fische in einer Tiefe von bis zu 30 Metern jagen. Mit einem täglichen Nahrungsbedarf von etwa 500 Gramm Fisch stellt er besonders in Regionen mit hohen Kormorandichten eine Belastung für Fischpopulationen dar. In Winterquartieren, in denen sich tausende Kormorane konzentrieren, können Fischteiche, kleine Seen und Flüsse stark ausgefischt werden.
Besonders betroffen sind Wanderfischarten wie Nase und Barbe, die durch zusätzliche Belastungen wie Wanderbarrieren ohnehin gefährdet sind. Eine Studie des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie zeigt, dass Kormorane in einigen Regionen bis zu 70 % der jährlichen Jungfischproduktion konsumieren können. Gleichzeitig wird die Effizienz von Maßnahmen zur Bestandskontrolle, wie Vergrämung und Abschüsse, oft in Frage gestellt.
In Asien machen sich Fischer die Jagdkünste des Kormorans zu Nutze, in dem sie den domestizierten Tieren eine Schlinge um den Hals binden, und nach Fischen tauchen lassen. War der Kormoran erfolgreich, holen sie ihn wieder an Land und nehmen ihm den Fisch ab, den er aufgrund der Schlinge um den Hals nicht schlucken konnte. Eine wenig zeitgemäße Art des Fischfangs, die heute hauptsächlich nur noch als Touristenattraktion durchgeführt wird.
Gänsesäger: Der spezialisierte Jäger
Der Gänsesäger ist ein spezialisierter Fischfresser, der vor allem in Flüssen und Seen mit klarem Wasser vorkommt. Seine Hauptbeute sind kleine Fische, die er in flachen Uferzonen jagt. Besonders betroffen sind Arten wie Äsche und Bachforelle, deren Jungfische einen bedeutenden Teil seiner Ernährung ausmachen.
Im Vergleich zum Kormoran ist der Einfluss des Gänsesägers regional begrenzter. Dennoch zeigen Untersuchungen, dass er in bestimmten Gewässern erhebliche Auswirkungen auf den Reproduktionserfolg sensibler Arten haben kann. In Schweden hat eine Studie ergeben, dass bis zu 40 % der Jungfische in einem Flussabschnitt durch Gänsesäger-Prädation verloren gehen können.
Fischreiher: Der lautlose Einzelgänger
Der Graureiher ist in Mitteleuropa weit verbreitet und ein weiterer natürlicher Fischfresser. Er jagt vor allem in flachen Gewässern und Uferzonen, wo er kleinere und mittelgroße Fische erbeutet. Seine Rolle ist dabei weit weniger problematisch was den Fischbestand angeht, da er meist Einzelgänger ist und sich sein Einfluss auf die Fischpopulationen oft auf lokal begrenzte Gebiete beschränkt.
In intensiv genutzten Fischteichen kann der Graureiher jedoch dennoch erhebliche Schäden verursachen. Studien aus Deutschland zeigen, dass einzelne Reiher bis zu 1,5 Kilogramm Fisch pro Tag konsumieren können, was für kleine Gewässer eine große Belastung darstellt.
Vergleich der Prädatoren: Wer richtet den größten Schaden an?
Ein direkter Vergleich der Prädatoren zeigt, dass das Schadenspotenzial stark von der Art des Gewässers, der Fischart und den lokalen Bedingungen abhängt. Dabei ist allerdings zu beachten, dass diese Werte auf die tatsächlich gefressene Menge Fisch abzielt, was vor allem beim Fischotter zu einer verzerrten Darstellung führen kann. Erbeutet der Otter beispielsweise einen Karpfen mit 4kg, frisst dabei aber nur einen Kilo, geht nur der gefressene Anteil in die Berechnung ein, wobei der Verlust ein Vielfaches beträgt. Ebenso ist wichtig zu erwähnen, dass der Kormoran teils in großen Schwärmen auftritt, was das Schadensmaß für das betroffenen Gewässer erheblich steigert. Was die negativen Auswirkungen auf den Fischbestand betrifft, sind Gänsesäger und Graureiher weniger problematisch, Otter und Kormoran hingegen können große Schäden am Fischbestand anrichten.
Prädator | Typische Beute | Durchschnittlicher Fischbedarf | Hauptbetroffene Fischarten | Regionaler Einfluss |
Fischotter | Forellen, Äschen | 1–1,5 kg/Tag | Äsche, Bachforelle, Nase, Karpfen | Mittel bis hoch |
Kormoran | Jung- und Kleinfische | 0,5 kg/Tag | Nase, Barbe, Zander, Jungfische | Hoch in Winterquartieren |
Gänsesäger | Jungfische | 0,3–0,5 kg/Tag | Äsche, Bachforelle | Lokal begrenzt |
Fischreiher | Kleine bis mittlere Fische | 0,2–1,5 kg/Tag | Karpfen, Rotauge, Kleinfische | Lokal begrenzt |
Lösungsansätze und Zukunftsperspektive
Die zunehmenden Konflikte zwischen Naturschutz, Fischereiwirtschaft und Anglern erfordern integrative Ansätze, um ein Gleichgewicht zwischen Prädatoren und Fischpopulationen herzustellen. Eine wichtige Maßnahme ist die Verbesserung der Lebensräume durch Renaturierungsprojekte und die Schaffung von Rückzugsräumen, die Fischpopulationen vor Fressfeinden schützen können. Gleichzeitig sollten in stark belasteten Regionen gezielte Eingriffe wie Vergrämungsmaßnahmen oder Bestandskontrollen durchgeführt werden, um den Druck auf empfindliche Fischarten zu reduzieren.
Darüber hinaus ist ein umfassender Austausch zwischen Fischern, Naturschützern und politischen Akteuren von entscheidender Bedeutung, um gemeinsame Lösungen zu entwickeln. Prädatoren wie Fischotter, Kormoran, Gänsesäger und Fischreiher sind wesentlicher Bestandteil des natürlichen Ökosystems und tragen zur Regulation der Fischbestände bei. Problematisch wird ihr Einfluss jedoch, wenn andere Belastungen wie Habitatverlust oder der Klimawandel die Fischbestände zusätzlich gefährden. Die Herausforderung besteht darin, eine Balance zwischen dem Schutz der Prädatoren und der Erhaltung gefährdeter Fischarten zu finden.