Studie zur Auswirkung klimawandelbedingter Umwelteinflüsse auf kieslaichende Fische
Wie sich unterschiedliche Stressfaktoren auf den Fortpflanzungserfolg von Bachforelle, Huchen und Nase auswirken.
Neben Infos und Tipps zu Ködern, Montagen und Erlebnisberichten, wollen wir euch auch immer wieder mit aktuellen Studienergebnissen und Erkenntnissen zu den Themen Angeln, heimische Fische und Ökologie versorgen. Diesmal geht es um eine Studie zum Thema Klimaveränderungen und Lebensraumwandel in Fließgewässern und deren Auswirkungen auf Bachforellen, Huchen und Nasen. Untersucht wurden dabei mehrere Klimawandel bedingte Stressfaktoren und deren Auswirkungen auf kieslaichende Fischarten. Details zur Studie (Englisch) findet ihr hier: Multiple climate change stressors reduce the emergence success of gravel-spawning fish species and alter temporal emergence patterns
Die vorliegende Studie beleuchtet die Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Fortpflanzung dreier kieslaichender Fischarten: Bachforelle (Salmo trutta), Nase (Chondrostoma nasus) und Huchen (Hucho hucho). Diese Arten sind besonders anfällig für Umweltveränderungen in ihren frühen Lebensphasen, da sie auf eine funktionierende Kiesstruktur im Gewässerbett angewiesen sind. Die Untersuchung wurde in einem experimentellen Mesokosmos-Setup mit künstlichen Fließrinnen durchgeführt, um die Einflüsse von Erwärmung, feinem Sediment und Strömungsreduktion sowohl einzeln als auch in Kombination zu bewerten.
Ziele der Studie
Die Studie reagiert auf die zunehmenden Herausforderungen durch den Klimawandel, darunter steigende Temperaturen, veränderte Niederschlagsmuster und erhöhte Sedimenteinträge in Fließgewässer. Diese Stressfaktoren verschlechtern die Bedingungen für kieslaichende Fische, deren Eier und Larven in den Hohlräumen des Kiesbetts Sauerstoff und Schutz benötigen. Ziel der Studie war es, die Effekte dieser Faktoren auf die Entwicklungsstadien vom Ei bis zum Schlüpfen und das endgültige Auftauchen der Larven zu analysieren.
Die Experimente wurden in 24 Fließrinnen durchgeführt, die verschiedene Umweltbedingungen simulierten:
– Erwärmung (+3–4 °C gegenüber Referenzwerten),
– Erhöhter Anteil feiner Sedimente (<0,85 mm um 22 % gesteigert),
– Geringer Abfluss (achtfache Reduktion des Wasservolumens).
Jede Kombination dieser Veränderungen wurde in dreifacher Wiederholung getestet, und die Überlebens- sowie Entwicklungsraten der drei Fischarten wurden systematisch erfasst.
Ergebnisse
Einfluss einzelner Faktoren:
Feinsediment
Feinsedimente hatten die größten negativen Auswirkungen auf die Fortpflanzungsergebnisse. Bei Bachforellen führte das Sediment zu einer Schlüpfrate von 0 %, bei Nasen und Huchen zu Raten von 9 % bzw. 4 %. Das feine Sediment blockierte die Porenräume im Kiesbett, was den Sauerstoffaustausch behinderte und die Larven während ihres Schlüpfens physisch einschloss („Entombment“).
Erwärmung
Erwärmung allein hatte geringere Auswirkungen auf die Schlüpfrate, beschleunigte jedoch die Entwicklungszeit. Dies führte zu einem früheren Schlüpfen, was das Risiko einer Asynchronität zwischen Nahrungsverfügbarkeit und Larvenaufkommen erhöht. Bei Huchen erhöhte Erwärmung die Schlupfrate von 4,7 % auf 12 %, jedoch bei kürzeren Entwicklungszeiten und kleineren Larven.
Strömungsreduktion:
Geringer Abfluss beeinflusste die Arten unterschiedlich: Bachforellen profitierten leicht (+20 % Schlüpfrate), während Nasen und Huchen Rückgänge von 8 % bzw. 50 % erlebten. Dies spiegelt die unterschiedliche Präferenz der Arten für Strömungsverhältnisse wider.
Kombinationen der einzelnen Einflussfaktoren
Die kombinierte Wirkung von Stressfaktoren führte zu dramatisch höheren Sterblichkeitsraten:
Die Kombination aus feinem Sediment und geringer Strömung reduzierte die Schlüpfraten aller drei Arten nahezu auf Null. Feines Sediment verstärkte die negativen Effekte von Erwärmung und Strömungsreduktion synergistisch. Beispielsweise führte die Kombination aus Sediment und Erwärmung bei Bachforellen zu einem vollständigen Scheitern des Larvenaufkommens.
Entwicklungsmuster
Die Entwicklungsdauer vom Ei bis zum Schlüpfen war bei allen Arten stark temperaturabhängig. Bachforellen benötigten im Durchschnitt 90 Tage zur Entwicklung, während Nasen und Huchen, die im Frühling laichen, schneller schlüpften. Wärmere Temperaturen verkürzte die Entwicklungszeit, führte jedoch bei Huchen und Nasen zu kleineren Larven. Dies deutet auf suboptimale Entwicklungsbedingungen hin, die durch Sauerstoffmangel und gestörte Stoffwechselprozesse verursacht werden.
Die Studie zeigt, dass die Auswirkungen des Klimawandels auf kieslaichende Fische schwerwiegend sind. Feine Sedimente behindern nicht nur das Schlüpfen, sondern blockieren auch die Emergenz der Larven. Erwärmung kann zwar die Entwicklungszeit verkürzen, birgt jedoch das Risiko einer zeitlichen Entkopplung von Larvenaufkommen und Nahrungsverfügbarkeit. Geringe Strömung reduziert den Sauerstoffeintrag und verschärft die Probleme durch Sedimente.
Die Ergebnisse unterstreichen die dringende Notwendigkeit, Flüsse zu renaturieren und Belastungen wie Sedimenteinträge zu reduzieren. Maßnahmen wie die Wiederherstellung von Flussauen und die Schaffung von Pufferzonen entlang der Gewässer könnten dazu beitragen, die negativen Effekte des Klimawandels abzumildern. Ein besonderes Augenmerk sollte auf die Kieslaicher gelegt werden, da diese Arten empfindlich auf Änderungen in Temperatur, Sediment und Strömung reagieren.
Diese Studie verdeutlicht die komplexen Wechselwirkungen zwischen Klimaänderungen und daraus resultierenden Belastungen auf die Fortpflanzung kieslaichender Fische. Sie zeigt, dass ohne gezielte Maßnahmen viele dieser Arten einem hohen Aussterberisiko ausgesetzt sind. Der Schutz und die Wiederherstellung ihrer Lebensräume müssen daher höchste Priorität haben.