Warum der Döbel dem allgemeinen Rückgang der Fischbestände in heimischen Flüssen trotzt
In den letzten Jahrzehnten ist ein Rückgang der Fischbestände in Flüssen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz zu beobachten. Während viele Fischarten wie Forellen, Äschen oder Karpfenpopulationen stark betroffen sind, scheint der Döbel (Leuciscus cephalus) diesen Herausforderungen besser zu trotzen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen des Rückgangs und erklärt, warum der Döbel vergleichsweise resilient ist.
Ursachen für den Rückgang der Fischbestände
Habitatverlust und Verbauung
Flüsse in Mitteleuropa sind stark durch menschliche Eingriffe geprägt, wobei die Auswirkungen je nach Land variieren. In Deutschland sind rund 60 % der Flüsse durch Verbauungen, Kanalisierung und die Nutzung von Wasserkraft erheblich beeinträchtigt, wie eine Studie des Umweltbundesamtes zeigt. Auch in Österreich stellt sich die Situation dramatisch dar – hier gelten lediglich 14 % der Fließgewässer als ökologisch intakt, wie der WWF Österreich berichtet. In der Schweiz haben Wasserkraftwerke und Flusskorrekturen viele natürliche Lebensräume für Fische zerstört, wodurch die Biodiversität in den Gewässern stark eingeschränkt wurde.
Wasserqualität und Schadstoffe
Schadstoffe wie Nährstoffe aus der Landwirtschaft, Schwermetalle und Mikroplastik belasten die Gewässer in vielen Regionen erheblich. In der Schweiz ergab eine Untersuchung des Bundesamts für Umwelt (BAFU), dass in fast 40 % der Gewässer die Grenzwerte für Pestizide überschritten werden. Ähnliche Probleme treten auch in Deutschland auf, insbesondere in landwirtschaftlich geprägten Regionen wie Niedersachsen und Bayern, wo der Eintrag von Schadstoffen die Wasserqualität deutlich beeinträchtigt.
Klimawandel und Überfischung
Steigende Wassertemperaturen und veränderte Niederschlagsmuster haben erhebliche Auswirkungen auf die Lebensbedingungen vieler Fischarten. Besonders Arten wie die Forelle, die auf kühle, sauerstoffreiche Gewässer angewiesen sind, leiden unter diesen klimatischen Veränderungen. Gleichzeitig führt in allen drei Ländern eine intensive Befischung, insbesondere in Gewässern mit hoher Angeldichte, zu einem Rückgang der Fischbestände, was die Situation zusätzlich verschärft.
Der Döbel: Ein Überlebenskünstler der Fließgewässer
Trotz dieser Herausforderungen scheint der Döbel in den Flüssen von Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht nur zu überleben, sondern weiterhin in großer Zahl präsent zu sein. Seine bemerkenswerte Resilienz ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen:
1. Anpassungsfähigkeit
- Der Döbel toleriert eine breite Palette an Lebensräumen: von schnell fließenden Flüssen bis zu stehenden Gewässern.
- In allen drei Ländern findet man Döbel sowohl in kleinen Bächen als auch in großen Flüssen wie Rhein, Donau und Elbe.
2. Breites Nahrungsspektrum
- Der Döbel ist ein opportunistischer Allesfresser und ernährt sich von:
- Wasserinsekten
- Kleinfischen
- Pflanzenmaterial
- Organismen, die ins Wasser fallen (z. B. Beeren oder Insekten).
- Diese Ernährungsflexibilität gibt ihm einen Vorteil gegenüber spezialisierten Arten.
3. Toleranz gegenüber Umweltbedingungen
- Der Döbel übersteht moderate Verschmutzungen und höhere Temperaturen, die für empfindlichere Arten problematisch sind.
- Seine Fähigkeit, in unterschiedlichen Wasserqualitäten zu leben, ermöglicht ihm, auch in belasteten Flüssen zu gedeihen.
4. Reproduktionsrate
- Der Döbel laicht in großen Mengen, oft an verschiedenen Stellen im Fluss. Dies hilft, Populationen schnell zu regenerieren.
5. Geringer Fischereidruck
- Da Döbel meist nicht als Speisefisch begehrt sind, ist der Befischungsdruck auf diese Art geringer. Angler schätzen den Döbel jedoch als Sportfisch wegen seines kräftigen Widerstands.
Zahlen und Beobachtungen
In Deutschland wurde in der Elbe und ihren Nebenflüssen ein Rückgang empfindlicher Fischarten wie dem Aal festgestellt, während die Bestände des Döbels stabil blieben. In Österreich zeigt eine Studie des Bundesamts für Wasserwirtschaft, dass der Döbel in der Donau und ihren Nebenflüssen zu den häufigsten Fischarten zählt. Auch in der Schweiz bleibt der Döbel selbst in stärker belasteten Bereichen der Aare und des Rheins präsent, was seine Anpassungsfähigkeit unter schwierigen Umweltbedingungen unterstreicht.
Der Döbel trotzt durch seine Anpassungsfähigkeit dem allgemeinen Rückgang der Fischbestände
Während die Bestände vieler heimischer Fischarten in Deutschland, Österreich und der Schweiz zurückgehen, zeigt der Döbel eine beeindruckende Anpassungsfähigkeit. Seine Flexibilität in der Nahrungsauswahl, seine Toleranz gegenüber Umweltbedingungen und seine Reproduktionsstrategie machen ihn zu einem der widerstandsfähigsten Fische in Mitteleuropa.
Trotz der Resilienz des Döbels ist der generelle Rückgang der Biodiversität in Flüssen ein ernstes Problem. Maßnahmen wie Renaturierungsprojekte, die Reduzierung von Schadstoffeinträgen und die nachhaltige Bewirtschaftung der Gewässer sind essenziell, um die Vielfalt der Fischpopulationen zu sichern und langfristig gesunde Ökosysteme zu erhalten.
Quellen
BAFU Schweiz: Zustand der Schweizer Fließgewässer (2021)
Umweltbundesamt Deutschland: Bericht zur Wasserqualität (2022)
WWF Österreich: Studien zur Renaturierung von Fließgewässern (2023)