Warum Zander schlanke und kleine Beutefische bevorzugen

Der Zander ist ein spezialisierter Raubfisch, der für seine Vorliebe für kleine, schlanke Beutefische bekannt ist. Diese Präferenz ist nicht zufällig, sondern das Ergebnis einer Kombination aus anatomischen, energetischen und verhaltensökologischen Faktoren. In diesem Artikel werfen wir einen genauen Blick auf die Gründe für diese Beuteauswahl.
Anatomische Voraussetzungen: Maulgröße und Körperbau
Obwohl der Zander über ein relativ großes Maul verfügt, ist seine Maulöffnung (Gape Size) im Vergleich zu anderen Raubfischen wie dem Hecht begrenzt. Dies schränkt die Größe der Beutefische ein, die er effizient erbeuten kann. In der Forschung wird häufig das sogenannte „Prey-Predator Length Ratio“ (PPR) verwendet, um das Verhältnis zwischen Beutefischlänge und Räuberlänge zu beschreiben. Ein PPR von 0,11 bis 0,28 bedeutet, dass der Beutefisch zwischen 11% und 28% der Länge des Zanders beträgt. Dieses Verhältnis hat sich als optimal für den Jagderfolg und die Nahrungsaufnahme herausgestellt.
Energetische Effizienz: Kosten-Nutzen-Abwägung
Zander streben nach einem optimalen Energieertrag bei minimalem Aufwand. Kleine, schlanke Beutefische wie Ukelei, Rotauge oder kleine Barsche bieten ein ideales Verhältnis von Energiegehalt zu Handhabungskosten. Größere oder tiefere Beutefische erfordern mehr Zeit und Energie für das Fangen und Verschlingen, was den Nettoenergiegewinn reduziert. Besonders breite oder hochrückige Fische sind schwieriger zu verschlingen, was den Aufwand für den Räuber erhöht.
Verhaltensökologie: Jagdstrategien und Beuteverfügbarkeit
Zander sind visuelle Jäger, die bevorzugt in trüben Gewässern aktiv sind. In solchen Umgebungen sind kleinere, schlanke Fische leichter zu lokalisieren und zu verfolgen. Zudem neigen Zander dazu, Beutefische zu wählen, die in hoher Dichte vorhanden sind, was die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Angriffs erhöht. Diese Strategie minimiert den Energieaufwand pro erfolgreicher Jagd und maximiert den Gesamtertrag.
Ontogenetische Entwicklung: Veränderungen im Beutespektrum
Die Beutepräferenzen von Zandern ändern sich mit dem Wachstum. Junge Zander unter 25 cm ernähren sich hauptsächlich von Zooplankton und kleinen Wirbellosen. Mit zunehmender Größe wechseln sie zu einer piscivoren Ernährung, wobei sie weiterhin kleinere, schlanke Beutefische bevorzugen. Selbst größere Zander wählen oft Beute, die etwa 20% ihrer eigenen Körperlänge entspricht, was auf eine anhaltende Präferenz für kleinere Beute hinweist.
Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Beuteauswahl
Zum Vergleich: Hechte, die ebenfalls zu den großen piscivoren Räubern gehören, weisen eine deutlich höhere Toleranz gegenüber der Beutegröße auf. Die bevorzugten PPR-Werte bei Hechten liegen typischerweise im Bereich von etwa 0,25 bis 0,50. Das bedeutet, dass Hechte durchaus Beutefische fressen, die bis zur Hälfte ihrer eigenen Körperlänge erreichen können. Diese Flexibilität ergibt sich aus der sehr großen Maulspalte und dem robusten Körperbau des Hechts, wodurch auch hochrückige oder größere Beutefische problemlos bewältigt werden können.
Mehrere Studien belegen, dass Zander aktiv kleinere Beutefische wählen, selbst wenn größere verfügbar sind. So zeigt beispielsweise eine Untersuchung von Specziár (2011) am Balaton-See, dass Zander überwiegend Beutefische mit einem Beute-Räuber-Längenverhältnis (PPR) um 0,22 bevorzugen. Auch andere Studien, etwa aus der Elbe und aus schwedischen Seen, bestätigen diese Präferenz und verdeutlichen, dass Zander dabei eine aktive Auswahlstrategie verfolgen, um die Jagdeffizienz zu maximieren. Untersuchungen an verschiedenen europäischen Seen und Flüssen zeigen immer wieder ähnliche Ergebnisse: Die bevorzugte Beutegröße korreliert eng mit dem PPR und bleibt auch bei zunehmender Größe der Räuber konstant. Besonders in stark befischten Gewässern oder bei eingeschränkter Sicht profitieren Zander von dieser Strategie, da kleinere Beutefische einfacher zu finden und zu fangen sind.
Fazit: Anpassung für maximale Effizienz
Die Präferenz des Zanders für kleine, schlanke Beutefische ist das Ergebnis einer evolutionären Anpassung, die anatomische Einschränkungen, energetische Effizienz und verhaltensökologische Strategien berücksichtigt. Diese Spezialisierung ermöglicht es dem Zander, in verschiedenen Gewässertypen erfolgreich zu jagen und sich als effektiver Räuber zu behaupten.
Für Angler bedeutet das: Wer auf Zander angeln möchte, sollte schlanke Köder wählen, die der bevorzugten Beutegröße und -form des Zanders entsprechen – das steigert die Fangchancen erheblich.