Wie hoch sind die Überlebenschancen von zurückgesetzten Fischen?
Catch & Release ist für viele Angler gelebte Praxis – aber wie gut überleben die Fische tatsächlich? Die Antwort: Es hängt von mehreren Faktoren ab. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Fischart, Wassertemperatur, Drilldauer, Hakenführung und das richtige Handling entscheidend sind. Hier bekommst du einen Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse und Unterschiede zwischen den Arten.
Allgemeine Überlebensraten im Überblick
Forellen (Bachforelle, Regenbogenforelle, Äsche):
Überlebensraten von über 90 %, wenn die Fische schonend zurückgesetzt werden. Besonders wichtig: kurzer Drill, nasse Hände, kein langes Herausheben.
Flussbarsch:
Sehr robust mit Überlebensraten von 90–95 %, wenn kein unnötiger Stress entsteht.
Hecht:
Bei kühlen Wassertemperaturen ebenfalls sehr gute Chancen (80–90 %). Im Sommer jedoch deutlich empfindlicher.
Zander:
Sehr sensibel! Die Überlebensraten liegen bei 65–80 % – und das nur unter optimalen Bedingungen. Besonders problematisch sind lange Drills, tiefe Hakensitze und warmes Wasser.
Döbel & andere Weißfische:
Meist gut widerstandsfähig mit 80–90 %, aber auch hier ist ein schneller, schonender Umgang entscheidend.
Karpfen:
Sehr robust, Überlebensraten von über 95 % sind Standard, vor allem bei Nutzung von Abhakmatten und feuchten Händen.
Faktoren, die über Leben und Tod entscheiden
Hakenplatzierung
Maulhaken = fast immer problemlos.
Tiefe Haken oder Kiemenhaken können tödlich sein – vor allem bei Zander und Hecht.
Drilldauer und Erschöpfung
Je länger der Drill, desto höher der Stress.
Zander reagieren hier am empfindlichsten, gefolgt von Forellen.
Wassertemperatur
Der größte Risikofaktor!
- Forellen leiden massiv bei über 20 °C.
- Zander reagieren bereits ab 18–20 °C kritisch.
- Hechte und Barsche sind etwas toleranter, aber auch hier gilt: kühl ist immer besser.
Luftkontakt
Maximal wenige Sekunden!
Eine bekannte Studie an Bachforellen zeigt: 30 Sekunden Luftkontakt = 38 % höhere Sterblichkeit.
Verletzungen und Blutungen
Bei tief geschluckten Haken lieber den Vorfachknoten abschneiden und den Haken im Fisch belassen.
Fische können den Haken oft selbst ausstoßen.
Der Zander – Sensibler Räuber mit hohen Ansprüchen
Der Zander wird oft mit Hecht oder Barsch in einen Topf geworfen, ist aber deutlich empfindlicher: Tiefe Hakensitze und Verletzungen im Kiemen- oder Rachenbereich führen sehr oft zu Spätfolgen und Todesfällen. Auch lange Drills bedeuten für Zander massiven Stress und führen häufig zu hohen Ausfallraten. Besonders kritisch wird es bei Wassertemperaturen über 20 Grad Celsius – dann ist es am besten, Zander gar nicht gezielt zu befischen oder zumindest nicht zurückzusetzen. Wer dennoch auf Zander angelt, sollte unbedingt auf kurze Drills achten, barbless-Haken verwenden und den Fisch möglichst direkt im Wasser abhaken. Bei sommerlichen Temperaturen sollte man aus Tierschutzgründen auf Catch & Release beim Zander komplett verzichten bzw. nicht auf Zander angeln wenn man den Fisch nicht entnehmen möchte.
Tabelle: Artenvergleich im Überblick
Fischart | Überlebensrate (bei idealem C&R) | Kritische Punkte |
---|---|---|
Bachforelle | 90–95 % | Warmes Wasser, langer Luftkontakt |
Regenbogenforelle | 90–95 % | Wie Bachforelle |
Äsche | 85–90 % | Schleimhautverletzungen, hohe Temperaturen |
Flussbarsch | 90–95 % | Schleimverlust durch trockene Hände |
Hecht | 80–90 % | Warmes Wasser, tief sitzende Haken (Köderfisch) |
Zander | 65–80 % | Lange Drills, warmes Wasser, Kiemenverletzungen |
Döbel | 80–90 % | Zu langes An-der-Luft-Halten |
Karpfen | >95 % | Schutz der Schleimhaut, trockene Hände vermeiden |
Mit dem nötigen Wissen die Überlebenschancen steigern
Mit dem richtigen Wissen und verantwortungsvollem Umgang überleben die meisten Fische das Zurücksetzen problemlos. Besonders der Zander verdient größte Aufmerksamkeit: empfindlich, stressanfällig, und bei warmem Wasser sehr gefährdet. Es macht wenig Sinn, auf Catch & Release zu setzen, dabei aber die grundlegenden Parameter zur Behandlung von Fischen zu missachten. Dies gilt vor allem für jene Angler, denen lange Fotosessions mit den Fischen wichtiger sind, als das Wohl des Fisches. Unter dem Vorwand des Tierschützes auf Catch & Release zu schwören, gleichzeitig aber den Fisch unsachgemäß zu behandeln und für das eigene Ego unnötig lang leiden zu lassen macht wenig Sinn.
Für alle Arten gilt: kurzer Drill, barbless-Haken, minimale Luftkontakte und feuchtes, behutsames Handling. So funktioniert nachhaltige Angelei – und genau das macht Freude und gibt einem das gute Gefühl, verantwortungsvoll zu handeln.
Quellen
Arlinghaus, R., Klefoth, T., Cooke, S.J., Gingerich, A., & Suski, C. (2009):
Physiological and behavioural consequences of catch-and-release recreational angling on northern pike (Esox lucius L.)
De Leeuw, J.J., Buijse, A.D., & Vriese, F.T. (2007):
Mortality of zander (Sander lucioperca) after catch and release in recreational angling
Ferguson, R.A., & Tufts, B.L. (1992):
Physiological effects of brief air exposure in exhaustively exercised rainbow trout
Schill, D.J., Griffith, J.S., & Gresswell, R.E. (1986):
Hooking mortality of cutthroat trout in a catch-and-release fishery
Arlinghaus, R., & Hallermann, J. (2007):
Der Einfluss von Drilldauer, Hakenposition und Luftkontakt auf die Überlebensrate von zurückgesetzten Hechten